Mallorca

Costitx

Costixt

liegt in der mallorquinischen Zentralebene an der Ma-3241 bzw. Ma-3121.

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Der Ortsname Costitx ist seit 1232 belegt. Er leitet sich aus dem lateinischen Stamm costa und dem Suffix –icium, von den Arabern „ic“ ausgesprochen, ab und bezieht sich auf die Hanglage des ursprünglichen Gehöfts. Die Gemeinde hat sich seit jeher nahezu ausschließlich der Landwirtschaft gewidmet. Davon zeugen heute noch archäologische Überreste wie Brunnen, Windmühlen und Landhäuser.
Costitx präsentiert sich sauber und gepflegt: Renovierte alte Sandstein- und Herrenhäuser mit dunkelgrünen Fensterläden bilden einen Kontrast zum modernen Kinderspielplatz vor der Kirche. So geleckt, und auch ein bisschen verschlafen, dass selbst mein Hund nicht über die Stränge schlagen möchte. Auf 15,35 km² leben gut 1.200 Einwohner. Die Fahrt durch das Dörfchen dauert nur wenige Sekunden und beinahe wäre ich versehentlich wieder rausgefahren. Costitx ist eines dieser kleinen Käffer, für die der Reiseführer mehr Gastronomie- und Hoteltipps als Ortsbeschreibung bereithält. Wer googelt, findet noch Hinweise zu Ausgrabungen, zum Observatorium und der ehemaligen Bürgermeisterin Maria Antónia Munar. Das war es dann auch schon an Informationen.
Den

Dorfplatz

bilden Kirche, Rathaus, Bank, Apotheke, Tante-Emma-Laden und Gastronomie, die sich um die

Platz der Mutter Gottes
gruppieren. Hier findet auch der samstägliche Markt statt.
Der Bau der Pfarrkirche

Nativitat de Nostra Senyora

wurde 1696 begonnen, 1772 vollendet und im Jahr 1987 renoviert. Schon 1236 wurde die Pfarrkirche Santa María de Canarrossa auf dem Gehöft Costitx errichtet. Ihre Nachfolgerin ist von außen eher schmucklos und weist im Innern ein rechteckiges Schiff auf, das in fünf Abschnitte unterteilt ist und von einem Tonnengewölbe bedeckt wird. Im Inneren entdeckt man eine Orgel, die aus der Kirche Sant Jaume in Palma stammt. Die Sakristei schmückt ein Altarbild der Jungfrau des Rosenkranzes. Es gibt noch einiges mehr an reicher Ausstattung und Verzierung, doch davon werde ich wieder einmal nichts sehen, denn sie ist verschlossen.
Ein paar Schritte weiter auf der einspurigen Hauptstraße, dem Carrer Major, steht die Zisterne

S’aljub

aus dem Jahr 1886. Eine von mehreren, die die Wasserversorgung der Einwohner sicherten und als Viehtränke dienten. Das Innere des restaurierte Wasserspeicher

Zisterne
 ist rechteckig und mit einer Gewölbedecke versehen. An der Oberfläche stehen zwei Ziehbrunnen mit quadratischem Grundriss und Sandsteinpfosten. Kanäle leiteten das Wasser in Becken.
Am Ende der Straße steht die

Capella de la Mare de Déu de Costitx,

im Gedenken an ein Ereignis um 1229:

Ein paar Jungs fanden zusammen mit einem Priester eine Darstellung der Heiligen Jungfrau in einem Granatapfelbaum. Die Bewohner von Costitx bauten eine Kapelle, die kurz darauf zur ersten Pfarrei von Canarrossa wurde. Als Jahre später die Pfarrei der Ortschaft Sencelles zugeordnet wurde, ging auch das Abbild nach Sencelles. Weil es in mallorquinischen Marienlegenden nicht ohne mystische Rückkehr geht, tauchte die Gottesmutter wieder in ihrer ursprünglichen Heimatkapelle in Costitx auf.

Wer ein Gebetshaus sucht, muss genau hinschauen: Die aus dem Jahr 1913 stammende Kapelle ist kaum größer als ein Puppenhaus. Sie steht auf einem quadratischen Sockel mit der Inschrift

Arrom Bürgermeister, Vidal Vikar, 1913
. Im aus Sandstein gefertigten oberen Teil wird eine Darstellung der Heiligen Jungfrau Maria aufbewahrt. Während der
Prozession der Begegnung
wird sie zu der Stelle getragen, wo sie der Überlieferung nach im 13. Jh. gefunden wurde. Das Besondere daran: Sie wird von Männer getragen, die im Laufe des Jahres heiraten werden. Wer dem feierlichen Umzug beiwohnen möchte, sollte sich den späten Abend des
Sonntag nach Ostern
freihalten.
Dem Straßenverlauf folgend, heißt es links abbiegen, um das

Observatori Astronòmic de Mallorca

zu erreichen. Das O.A.M. wurde 1991 mit zwei Zielen eingeweiht: Förderung der astronomischen Forschung und der Lehre. Und tatsächlich wurden mehrere unbekannte Asteroiden entdeckt. Das erste astronomische Zentrum der Balearen, und zugleich das östlichste Spaniens, ist der Gruppe Astrophysikalischer Studien Grup d’Estudis Astrofísics angegliedert. Dem Observatorium ist ein Planetarium angeschlossen, das modernste Projektionstechnik einsetzt.
Zurück auf der Ma-3121, steht in etwa auf Höhe Km 2,8 das

Santuari Talaiòtic de Son Corró,

womit wir zu den Ausgrabungen kommen: 1894 entdeckte der Eigentümer des Landguts Son Corró auf seinem Gelände einen Schrein mit drei bronzenen Stierköpfe, den berühmten Caps de Bou de Costitx. Die archäologische Gesellschaft Societat Arqueològica Lul•liana versuchte Ausgrabungen an der Fundstelle zu finanzieren und stieß an ihre monetären Möglichkeiten: Damals stand Grundstückseigentümern eine Entschädigung für die Fundstücke zu. Dieser verlangte auch prompt 700

Der Duro war eine Münze im Wert von 5 Peseten. Der Begriff hat sich bis zur Einführung des Euro gehalten.
. Angesichts eines Tagesverdienstes von höchstens 1 Pesete, und der klammen Kasse der Altertumsforscher, ein nicht zu stemmendes Vorhaben. Seitens der mallorquinischen öffentlichen Einrichtungen war auch keine finanzielle Hilfe zu erwarten. Die Archäologen bekamen Unterstützung aus Madrid. Die Regierung zahlte und verfrachtete die Stierköpfe ins Museo Arqueológico Nacional in Madrid. Seitdem steht die Forderung im Raum, die Stierköpfe zurück nach Costitx zu holen. Zu mehr, als den seit 1985 in der Casal de Cultura Costitx ausgestellten Reproduktionen, hat es bisher nicht gereicht.
1995 wurde an der Stätte des Sanktuariums erneut gegraben und in einer heftig umstrittenen Aktion sechs Säulen auf der 84,5 m² großen Innenfläche rekonstruiert. Umstritten deshalb, weil nicht klar ist, ob es sich bei der Fundstätte um einen bedachten oder offenen Bereich handelt und ob die Säulen regelmäßig oder unregelmäßig standen.
Es gäbe noch ein paar

Landsitze und Windmühlen

anzuschauen. Sowie ganz viel platte Landschaft mit Steineichenwäldchen und einigen Anhöhen, die bestenfalls an der 200 m Marke kratzen. Doch was wir bislang gesehen haben, ist deutlich mehr, als im Reiseführer steht und damit soll es fürs Erste gut sein.

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Klaus

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